Körperwelten
Eine faszinierende Ausstellung...

Nun, ganz so neu ist diese Ausstellung nicht, da sie bereits im Februar 2001 ihre Pforten öffnete. Von einigen langerwartet, von anderen verflucht ermöglicht sie einen unglaublichen Einblick sowohl in die menschliche Anatomie, als auch in die fatalen Auswirkungen von Krankheiten wie Krebs oder Mißbildungen jeglicher Art. Zeugt es von schlechtem Geschmack, menschliche Körper in teilweise grotesken Posen auszustellen, deren Muskeln, Nerven, Sehnen und inneren Organe offen liegen? Oder Dich einer liegenden Frau im achten Monat ihrer Schwangerschaft vorzustellen, deren Uterus geöffnet ist, so daß der Fötus betrachtet werden kann? Oder die zerstörerischen Auswirkungen starken Rauchens oder Trinkens darzulegen, in dem man die geschädigten Organe ausstellt? Ich habe die Besucher der Ausstellung beobachtet, und es schien mir, als seien die meisten von ihnen eher geschockt, mit der "nackten" Wahrheit, wortwörtlich bis auf die Knochen ausgezogen, konfrontiert zu werden. Dennoch versammeln sie sich alle dort, jeder will es sehen, obwohl sie sich vielleicht unwohl dabei fühlen.
Warum?
Warum ist es ein Tabu, irgendetwas den menschlichen Körper betreffend auszustellen? Ist es die Konfrontation mit der kurzen Zeitspanne, die wir existieren? Tiefe Ehrfurcht vor den Toten ist eines der wesentlichen Merkmale jeder Kultur. Bedeutet dies ­ heutzutage, in unserer westlichen Zivilisation ­, daß ein toter Körper in die Erde gehört, oder den Flammen übergeben werden muß, oder was auch immer notwendig ist, um ihn ein für alle mal verschwinden zu lassen? Wir studieren die Erde und die Tiere. Oder sollte man eher sagen, die ANDEREN Tiere? (Ein weiterer Aspekt, doch da ich hier Gefahr liefe, zu sehr vom eigentlichen Thema abzuschweifen...) Warum können wir nicht auch uns selbst studieren? Wissenschaftler und Pathologen machen das bereits seit Jahrhunderten, aber bitte bleibt im Verborgenen, zeigt es nicht in der Öffentlichkeit? Wovor haben wir eigentlich Angst?

Ja, diese Ausstellung konfrontiert Dich mit Deinem innersten Selbst und macht Dir die eigene Verletzlichkeit bewußt. Der Künstler, Prof. Gunther von Hagens, M.D., sagt auch, daß die ausgestellten Exponate jedem, der sich diesem Erlebnis aussetzen mag, optische und vor allem psychische Brücken zur eigenen Körperhaftigkeit sind. Seiner Meinung nach sollten Plastinate öffentlich zugänglich sein. Der Mensch kann sich als verbliebene Natur in seinem künstlich geschaffenen Umfeld begegnen. Dem kann ich mich nur anschließen. Wende Dich nicht entsetzt von den ausgestellten Körpern und Organen ab. Stelle Dich dieser Erfahrung und gewinne Deine Fassung wieder, und auch Du wirst von der Faszination ergriffen werden. Der Faszination vor diesen Exponaten, die in einen Zustand zwischen Tod und Vergehen gebracht wurden. Und gedenke dem Mut derer, die auf eine Bestattung oder Verbrennung ihrer Körper verzichtet haben, um aufklärerischer Anschauung zu dienen. Ohne sie wäre eine solche Ausstellung nicht möglich!

Die Ausstellung kann vom 30.08.2003 bis 04.01.2004 in Hamburg - Erotic Art Museum/Nobistor - besucht werden. Solltet Ihr in der
nächsten Zeit in Hamburg sein, versäumt sie nicht. Übrigens: Bis zum 30.11.2003 zahlen Erwachsene montags nur 9 anstelle von 12 Euro.

Die Bilder stammen aus dem Ausstellungskatalog. Copyright: Institut für Plastination, Heidelberg.